Was ist die orthomolekulare Medizin?
Sie beschäftigt sich ausschließlich mit Substanzen (Molekülen), die natürlicherweise im menschlichen Organismus vorhanden sind, sowie die Zufuhr dieser Substanzen, auf die der Mensch angewiesen ist. Auch Enzyme gehören in den Bereich der orthomolekularen Medizin.
Der Ausdruck orthomolekular wurde 1968 von dem Biochemiker (und zweifachen Nobelpreisträger) Linus Pauling geprägt. Ortho bedeutet richtig, gut; Moleküle sind die kleinsten Bausteine von Substanzen.
Der Mensch ist aus Nährstoffen aufgebaut, und zwar ausschließlich. Mit jeder Nährstoffzufuhr erneuern wir Teile unseres Körpersystems, bringen verbrauchte Materialien zur Ausscheidung und sorgen damit für einen permanenten "Stoff-Wechsel". Der Mensch braucht ca. 45 verschiedene Nährstoffe. Alle diese Nährstoffe (Ortho-Moleküle) müssen im Organismus in der richtigen Konzentration vorhanden sein, um beste Gesundheit und weitgehenden Schutz vor Krankheit zu erreichen.

Wie stellt man einen Nährstoffmangel fest?
Labortests können notwendig sein, reflektieren jedoch nicht immer den Zustand von Geweben und Organen.
Zusätzlich erschwerend für eine eindeutige Beurteilung ist die Tatsache, dass verschiedene Vitamine in völlig unterschiedlichem Ausmaß im Körper gespeichert werden können. Die Speicherkapazität reicht von einigen Tagen bis zu mehreren Jahren.
Mit Sicherheit lässt sich ein Mangel, außer bei schweren Mangelzuständen, nicht allein
anhand von Blutspiegeln feststellen, da selbst bei normalen Blutspiegeln die Vitaminspeicher in den Zellen entleert sein können. In den ersten Stufen des Vitaminmangels werden die Gewebespeicher von Vitaminen teilweise entleert, die Blutspiegel bleiben jedoch unverändert. Veränderungen im Blutspiegel weisen immer auf bereits schwere Vitaminmangelzustände hin.

Was sind die Anwendungsgebiete der orthomolekularen Medizin?
Um diese Fragen zu beantworten, möchte ich die Ergebnisse einiger wissenschaftlichen Studien aufführen, die ich nach häufigen Erkrankungen geordnet habe:

Herzerkrankung:
Bei 13 von 16 untersuchten europäischen Populationen zeigte sich, dass eine niedrige Versorgung mit Vitamin C, E, A sowie ß-Carotin entscheidend für das Risiko eines Herzinfarktes waren. Sie waren wichtiger als der Cholesterinspiegel, der Blutdruck oder das Rauchen. Rauchen verhindert jedoch den Blutspiegel obiger Vitamine.

Mehr als 50 klinische Studien bei Angina pectoris und Kardiomyopathien zeigten, dass nach 4 bis 8 Wochen 60-75 % der mit Ubichinon behandelten Patienten deutliche, teilweise sogar dramatische Besserungen der Herzleistung hatten.

In einer Studie bei Angina pectoris Patienten in Schottland wurde festgestellt, dass niedrige Blutspiegel an Vitamin E, C und ß-Carotin das Risiko des Auftretens von Herzerkrankungen verdreifachten.

Schon die isolierte Gabe von Vitamin E zeigt in fast allen Studien äußerst günstige Resultate. In einer großen Studie in den USA führte eine hohe Zufuhr an Vitamin C (300 mg/d) und Vitamin E (85 mg/d) zu einer dramatischen Verringerung von Herzerkrankungen um 40%.
Ein niedriger Vitamin C Spiegel erhöht das Risiko für einen Herzinfarkt um das 3,5fache.

Eine Langzeitstudie aus den Niederlanden zeigte eine Verminderung des Herzinfarktrisikos um 70 % bei einer täglichen Aufnahme von 30 g Seefisch.

Die in Kalifornien ansässigen "Sieben-Tage-Adventisten" führen ein Leben ohne Alkohol und Zigaretten und essen kein Fleisch. Sie leben im Durchschnitt sieben Jahre länger als ein Durchschnittsamerikaner. Ihr Herzinfarktrisiko beträgt nur 1/7 der übrigen Bevölkerung. Es zeigte sich keine Beziehung mehr zwischen Blut-Cholesterin und Herzkrankheit.

Krebs:
In den Anfangsstadien einer Krebserkrankung haben die sog. "antioxidativen Vitamine" präventive Wirkung. Menschen mit niedrigen Blutkonzentrationen an diesen Vitaminen erkrankten häufiger an Krebs. Dabei ist das Risiko besonders groß, wenn gleich mehrere dieser Vitamine erniedrigt sind (potenzierender Effekt).
Die Gabe von ß-Carotin mit Vitamin E senkt die Sterblichkeit an Magenkrebs um 21%, die Gesamtmortalität um 15%.
In Gegenden mit hohem Fischverzehr war auch die Anzahl bösartiger Erkrankungen reduziert. Tumorentstehung und Wachstum werden offenbar durch Omega-3-Fettsäuren gehemmt.

Rheuma:
In mehr als 10 Studien zeigte sich, dass die klinischen Symptome wie Gelenksteifigkeit, Anzahl geschwollener Gelenke sowie Schmerzindex eine Besserung zeigten, wenn Fischöl (Omega-3-Fettsäuren) gegeben wurden oder Fleisch durch Fischnahrung ersetzt wurde.

Psyche und Neurologie:
Die B-Vitamine sowie Fischöl wirken antidepressiv.
ß-Carotin, Vitamin C, A, B6, E und Selen und Zink führen zu einer verbesserten Hirndurchblutung und gesteigerten kognitiven Fähigkeiten im Alter. Demenz geht wahrscheinlich mit einer starken Erhöhung freier Radikale einher.
Die Notwendigkeit einer Heimunterbringung wegen Alzheimer konnte um bis zu 13% gesenkt werden.

Gibt es Nebenwirkungen?
Die angegebenen Höchstmengen für die Einnahme von Vitaminen und Spurenelementen werden im Rahmen einer orthomolekularen Therapie bei weitem nicht erreicht. Bei richtiger Dosierung treten daher keine bzw. nur minimale Nebenwirkungen auf.
Grundsätzlich können durch Überdosierungen jedoch Nebenwirkungen auftreten. Bei Überdosierungen von Vitamin C kann es z.B. zu Beschwerden im Magen-Darm-Bereich kommen. Überdosierungen von Vitaminen sollten v.a. bei Kindern und Schwangeren unbedingt vermieden werden.