Ärzte sind dazu verpflichtet, Ihre Patienten entsprechend der Impfempfehlungen der STIKO (ständige Impfkommission) zu beraten. Ich werde Ihnen zunächst die Impfempfehlungen laut STIKO wiedergeben und anschließend noch allgemein auf das Pro und Kontra von Impfungen eingehen.

 

Folgende Impfungen sollten laut STIKO bei Erwachsenen durchgeführt werden:

Tetanus, Diphtherie, Pertussis: Jeweils alle 10 Jahre, sofern eine Grundimmunisierung besteht.

Grippe (Influenza): Eine jährliche Impfung wird bei allen Personen, die über 60 Jahre alt sind, sowie bei allen Personen mit einer chronischen Erkrankung der Atmungsorgane, des Herzens oder des Immunsystems (Abwehrschwäche) empfohlen. Weiterhin besteht eine Empfehlung bei Zuckerkrankheit sowie bei chronischen Leber- und Nierenerkrankungen.

Lungenentzündung durch Pneumokokken: Diese Impfung wird nur alle 5 Jahre durchgeführt und gilt für die gleichen Personengruppen wie unter der Grippe aufgeführt. Dass man sich gegen diese häufigste Form der Lungenentzündung impfen kann, ist weit weniger bekannt als die Möglichkeit zur Influenza-Impfung.

Masern, Mumps, Röteln: Masern und Mumps sind keine leichten Kinderkrankeiten und können auch Erwachsene treffen. Daher sollte immer überprüft werden, ob ein entsprechender Impfschutz besteht.

FSME: Die Frühsommer-Meningoenzephalitis ist eine Entzündung des Gehirns und der Gehirnhaut. Die Erkrankung wird durch Zecken übertragen. Die Erkrankung kommt in der Region um Bonn nicht vor, wohl aber in anderen Regionen Deutschlands, v.a. in Bayern und Baden Württemberg aber auch im Ausland. Ob eine Impfung sinnvoll ist, muss im Einzelfall entschieden werden.

Die darüber hinausgehenden Impfungen bei besonderen Risikogruppen, Fernreisenden sowie bei Kindern sollten ebenfalls im Einzelnen erörtert werden.

Zu einigen Erkrankungen möchte ich Ihnen noch einige wichtige Informationen und Daten geben:

Grippe: Weltweit sind jedes Jahr 10 % der Bevölkerung von der Grippe betroffen, 70 % von ihnen sind gesunde Erwachsene. Allein in Deutschland sterben daran jährlich etwa 8 bis 15tausend Menschen. Kennzeichnend für die echte Grippe (Influenza) ist der schlagartige Beginn schwerer Krankheitssymptome. Es gibt kaum eine andere Virusinfektion, bei der man sich so schnell von einem Moment zum nächsten so stark krank fühlt.

Drei große Grippepandemien ( Pandemie = schwere, sich über ganze Erdteile ausbreitende Epedemien) hat uns das 20. Jahrhundert beschert, die letzte 1968/1969. Das Auftreten der nächsten Pandemie ist nur eine Frage der Zeit. Der neue Virus wird sich weltweit jedoch doppelt so schnell ausbreiten können wie bei der letzten Pandemie, da der Flugverkehr und die Besiedlung von Ballungsräumen stark zugenommen hat. 

Die Schutzwirkung einer Grippe-Impfung beträgt 70% bis 90 %.

Pneumokokken zählen zu den gefährlichsten bakteriellen Erregern. Jährlich sterben allein in Deutschland 12.000 Menschen an den Folgen dieser Infektion. Das höchste Infektionsrisiko haben Kleinkinder und Menschen über 60 Jahren. Trotz Antibiotika verlaufen solche Infektionen häufig schwer. 30 bis 50 % der Lungenentzündungen bei älteren Menschen werden durch Pneumokokken verursacht. Seit 1983 wird die Pneumokokkenimpfung allen chronisch Kranken angeraten, 1998 wurde die Empfehlung auf alle über 60jährigen erweitert.

Masern: 2011 hat sich die Zahl der Masernerkrankungen in Deutschland mehr als verdoppelt (2010: 780 Erkrankungen; 2011: 1607 Fälle).

Etwa bei jedem 10. Fall kommt es aufgrund von Komplikationen zu einer Krankenhauseinweisung, 1 % der Erkrankten behalten bleibende Schäden, jedes 1000. Kind stirbt bis heute und auch in Deutschland. 139.000 Menschen sind im Jahr 2010 weltweit an Masern gestorben.

Gefährliche Komplikationen von Masern sind die Enzephalitis (Hirnentzündung) und von Mumps die Meningitis (Hirnhautentzündung) und Entzündung der Keimdrüsen, die eine Unfruchtbarkeit zur Folge haben können.

Bei einem großen Masernausbruch 2006 erkrankten 2300 Menschen, 414 davon so schwer, dass sie ins Krankenhaus mussten. 2 Menschen starben, einige behielten bleibende lebenslange Schäden.

Haemophilus influenza (Hib): Seit der Einführung der Impfung 1990 ist die Erkrankungszahl drastisch zurückgegangen so dass die oft tödlich verlaufende Erkrankung kaum noch gesehen wird.

In den Jahren vor der Impfung waren es jährlich 1.000 bis 2.000 Erkrankungen, bereits Mitte der 90ger Jahre wurden nur noch etwa 50 Fälle gemeldet (2011: 11 Fälle)

Warum werden Impfungen von Naturheilkundlern kritisch gesehen?
Vorab ein Zitat von Mark Twain. Er sagte: „Seien sie vorsichtig mit Gesundheitsbüchern, sie könnten an einem Druckfehler sterben.“ Ich würde dies in der heutigen Zeit vor allem auf das Internet beziehen wollen, denn nirgendwo gibt es so viele unbewiesene Behauptungen, die einfach neuerlich zitiert werden und durch ihre Verbreitung zu Schaden führen können.

Impfbefürworter begründen ihren Standpunkt mit folgenden Argumenten:
Der größte Feind der Impfungen ist ihr Erfolg. Infektionskrankheiten wie Masern, Mumps und Kinderlähmung verschwinden aus dem Bewusstsein der Menschen, da sie (aufgrund der Wirkung von Impfungen) seltener auftreten.

Die Erkrankungen werden verharmlost – mögliche Nebenwirkungen der Impfungen werden jedoch überbewertet.

Impfungen werden in der breiten Bevölkerung gleichgültig vernachlässigt, aber in einem kleinen Teil fast schon mit einem religiösen Fanatismus diskutiert.

Die globalisierte Welt reist. Die Keime reisen mit.

Eine Mutter, die sich für die Impfung ihrer Kinder entschieden hat, sagte mir einmal ein Argument, was ich in dieser Form vorher nicht gehört habe:

„Sollte mein Kind nach dieser Impfung mit einem abgeschwächten Lebendimpfstoff schwere Infektzeichen haben, muss ich doch davon ausgehen, dass mein Kind an einer echten Infektion sogar gestorben wäre, die Impfentscheidung folglich richtig war“. Das klingt logisch.

Impfgegner führen häufig folgende Argumente an:
Warum werden Impfungen kritisch gesehen? Dies ist eine gute Frage, zumal mit Impfungen ja nach einem naturheilkundlichen Prinzip therapiert wird, gleiches mit gleichem zu behandeln. Was soll also schlecht an Impfungen sein?
Etwa 3 % der Bevölkerung sind Impfgegner und begründen dies mit folgenden Argumenten:

  1. Die Wirksamkeit von Impfungen ist niemals belegt worden: Dem möchte ich jedoch mit dem Beispiel der Kinderlähmung widersprechen: Erst die öffentliche Empfehlung der Schluckimpfung im Jahr 1962 führte zu einem drastischen Rückgang der Polioerkrankungen. 1961 gab es noch fast 4.700 Erkrankungen mit Lähmungen und 305 Todesfälle, 1965 waren es bereits weniger als 65 Erkrankungen. Der letzte autochthone Fall wurde 1990 in Deutschland gemeldet. Seit 2002 gilt sogar ganz Europa als poliofrei.

  2. Impfstoffe enthalten gefährliches Quecksilber. Allerdings sind inzwischen alle Standardimpfungen frei von Thiomersal (Anm.: eine Quecksilberverbindung)

  3. Weitere Argumente sind:
  • Impfungen schädigen das Immunsystem.
  • Impfungen verursachen Autismus, Diabetes mellitus, M. Crohn.
  • Impfungen verursachen den plötzlichen Kindstod.
  • Impfungen können Krankheitserreger übertragen.
  • Impfungen lösen Allergie und Neurodermitis aus.
  • Nach Impfungen wirkt keine Homöopathie.

Ich habe mich sehr für dieses Thema interessiert und keine Studien gefunden, die diese Befürchtungen belegen. Mir wird daraufhin häufig erwidert, dass dies auch unmöglich sei, da derartige Studien und Ergebnisse auf Druck von Lobbyisten nie veröffentlicht werden. Ich frage mich allerdings, warum sie dann so bekannt sind?

Viele Naturheiltherapeuten fürchten, dass durch ein übertriebenes Impfen aber auch durch einen übertriebenen Einsatz von Antibiotika das Immunsystem geschwächt wird. Wie der ganze Mensch wächst auch das Immunsystem mit seinen Aufgaben, wenn also selbst leichte Erkrankungen z.B. durch Antibiotika verhindert werden, ist ein geschwächtes Immunsystem eine mögliche logische Konsequenz. Die befürchteten Folgen habe ich oben aufgeführt. Ich persönlich halte einen sparsamen Umgang mit Antibiotika für sehr wichtig, empfehle jedoch auch als Naturheiltherapeut (wenn auch nicht uneingeschränkt) Impfungen.

Ich zeige Ihnen bewusst beide Seiten der Medaille, da ich der Überzeugung bin, dass gerade die Frage nach Sinn und Unsinn von Impfungen nicht dogmatisch behandelt werden kann. Das Thema wird inzwischen in manchen Teilen der Bevölkerung fast mit einem religiösen Fanatismus diskutiert und v.a. junge Eltern werden dadurch stark verunsichert.

Die Impfbefürworter und Impfkritiker müssen gleichermaßen berücksichtigen, dass die Frage immer individuell entschieden werden muss. Wir Menschen sind nicht gleich. Wer zu Infekten neigt oder an chronischen Erkrankungen vor allem der Atemwege leidet, eine Krebserkrankung durchgemacht hat oder ein geschwächtes Immunsystem hat, der sollte den Schutz einer Impfung vorziehen. Auf der anderen Seite können selbstverständlich auch Impfungen Nebenwirkungen haben, die ein Arzt im Einzelfall aufzeigen sollte. Die Entscheidung muss jeder für sich selbst treffen. Ängste vor Kinderkrankheiten aber auch vor Impfnebenwirkungen sind gleichermaßen keine guten Ratgeber. Versuchen sie sich neutral zu informieren. Ich hoffe, dieser Beitrag konnte ihnen dabei ein wenig helfen. Argumente für und gegen eine Impfung sind häufig eher weltanschaulicher als wissenschaftlicher Natur.

Sollten Sie unsicher sein, lassen sie sich von ihrem Haus- oder Kinderarzt beraten.

In Abwandlung des Mark Twain-Zitates möchte ich abschließend sagen: Vorsicht vor Dogmatikern und Fanatikern, sie könnten an einer Fehlinformation sterben!